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Wissentliche Pflichtverletzungen – und der Leistungsausschluss in der Berufshaftpflichtversicherung

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Der Deckungsausschluss für Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung greift auch dann, wenn derselbe Schaden nicht nur durch eine wissentliche Pflichtverletzung, sondern (möglicherweise) auch durch weitere, nicht wissentliche Pflichtverletzungen mitverursacht worden ist.

Damit erteilt der Bundesgerichtshof der Ansicht des Oberlandesgerichts Celle eine Absage, der Versicherungsschutz der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung entfalle infolge des Leistungsausschlusses für wissentliche Pflichtverletzung (§ 4 Nr. 5 AVB) nur dann, wenn dieser Ausschluss für sämtliche Pflichtverletzungen der Versicherungsnehmerin greife, und bleibe bestehen, wenn auch nur eine für den Schaden mitursächliche Pflichtverletzung nicht wissentlich erfolgt sei.

Allerdings hat auch das Oberlandesgericht Düsseldorf angenommen, der Versicherungsschutz entfalle nur, wenn Ausschlusstatbestände für sämtliche in Betracht kommenden Pflichtverletzungen griffen. Das wiederum nimmt Bezug auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz, in welcher ausgeführt ist, das Gericht bleibe im Deckungsprozess ungeachtet der Feststellungen des Haftpflichtprozesses verpflichtet, zu prüfen, ob der Deckungsanspruch nicht auch aus einer unter das versicherte Risiko fallenden Anspruchsnorm begründet sei. Abgesehen davon, dass diese Rechtsprechung zur Bindungswirkung des Haftpflichtprozesses durch das BGH, Urteil vom 28.09.2005 überholt ist, lässt sich aus ihr für die Frage der Reichweite des Leistungsausschlusses aus § 4 Nr. 5 AVB nichts herleiten. Entscheidend ist allein die Auslegung des Leistungsausschlusses, nach der sich beantwortet, ob er auch dann eingreift, wenn die wissentliche Pflichtverletzung neben anderen, nicht wissentlich begangenen nur mitursächlich zum Schaden geführt hat. Diese Frage hat das Saarländische Oberlandesgericht Saarbrücken bejaht.

Auch der Bundesgerichtshof hält dies für zutreffend. Der Deckungsausschluss für Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung greift auch dann, wenn derselbe Schaden nicht nur durch eine wissentliche Pflichtverletzung, sondern (möglicherweise) auch durch weitere, nicht wissentliche Pflichtverletzungen mitverursacht worden ist. Das ergibt die Auslegung des Leistungsausschlusses aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers. Aus Wortlaut sowie dem erkennbaren Sinn und Zweck der Deckungsausschlussklausel erschließt sich diesem ohne Weiteres, dass der Versicherer nicht bereit ist, für Versicherungsfälle einzustehen, deren Schäden durch eine wissentliche Pflichtverletzung verursacht werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherer gleichwohl Deckungsschutz gewähren wolle, wenn zu einer solchen Pflichtverletzung weitere, nicht wissentlich verübte ebenfalls schadenursächliche Verstöße hinzutreten, gibt die Klausel nicht. Auch wenn Leistungsausschlussklauseln in der Regel eng auszulegen sind, erkennt der durchschnittliche Versicherungsnehmer, dass der Leistungsausschluss nicht darauf abzielt, Versicherungsnehmer zu privilegieren, die einen Schaden mittels mehrerer, teils wissentlicher, teils unbewusster Pflichtverstöße herbeiführen. Er wird den Leistungsausschluss deshalb dahin verstehen, dass er schon dann Versicherungsleistungen ausschließt, wenn ein Schaden durch eine wissentliche Pflichtverletzung mitverursacht ist. Anderenfalls könnte sich der Versicherungsnehmer dadurch entlasten und den Versicherungsschutz erhalten, dass er darauf verweist, neben der wissentlichen Pflichtverletzung zusätzlich und nicht wissentlich gegen weitere Pflichten verstoßen und den Schaden auch dadurch mitverursacht zu haben. Ihn wegen einer solchen gesteigerten Sorglosigkeit gegenüber demjenigen Versicherungsnehmer besser zu stellen, der sich lediglich eine wissentliche Pflichtverletzung zuschulden kommen lässt, wäre erkennbar sinnwidrig.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27. Mai 2015 – IV ZR 322/14


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